Wann liegt eine Massenentlassung vor?
Wird eine der folgenden Schwellenwerte innerhalb von 30 Tagen überschritten, liegt eine Massenentlassung im Sinne des schweizerischen Arbeitsvertragsrechts vor:
- 10 oder mehr Arbeitnehmende in einem Betrieb mit 21-99 Arbeitnehmenden;
- 10% oder mehr der Arbeitnehmenden in einem Betrieb mit 100-299 Arbeitnehmenden; oder
- 30 oder mehr Arbeitnehmende in einem Betrieb mit 300 oder mehr Arbeitnehmenden
Zur Ermittlung der vorstehenden Werte sind die Kündigungen innerhalb eines Betriebs relevant, d.h. innerhalb einer organisierten Struktur mit Mittel zur Erreichung von Arbeitszielen und einer gewissen Autonomie. Kündigungen sind auch in geografisch nahe gelegenen Betrieben getrennt zu zählen (z.B. bei Postfilialen).
Mitgezählt werden Kündigungen durch den Arbeitgeber aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, nicht aber andere Formen (Vertragsbeendigung infolge Zeitablauf, Aufhebungsvereinbarungen oder Arbeitnehmerkündigungen, Arbeitgeberkündigungen aus leistungs- oder verhaltensbezogenen Gründen, einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrags).
Bei der Bestimmung der gesamten Mitarbeiteranzahl in einem Betrieb werden auch Teilzeitangestellte mitgezählt, nicht aber temporäre Aushilfskräfte. Bei hoher Fluktuation kann auf die durchschnittliche Anzahl Beschäftigter im letzten Kalenderjahr oder der vergangenen Saison bei Saisonbetrieben abgestellt werden.
Nicht zur Anwendung gelangen die Vorschriften über die Massenentlassung, wenn Arbeitnehmende im Kontext eines Konkursverfahrens oder bei einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung entlassen werden, oder der Betrieb infolge eines gerichtlichen Entscheid eingestellt wird.
Welche Pflichten treffen den Arbeitgeber?
Liegt eine Massenentlassung vor, treffen den Arbeitgeber folgende Informations- und Konsultationspflichten:
- Schriftliche Information aller Arbeitnehmenden;
- Konsultation der Arbeitnehmenden; und
- Information des kantonalen Arbeitsamtes
Das an die Arbeitnehmenden gerichtete Informationsschreiben muss die Gründe der Massenentlassung, die Zahl der Arbeitnehmenden, denen gekündigt werden soll, die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmenden und den Zeitraum, in dem die Kündigungen ausgesprochen werden sollen, enthalten.
Das daran anschliessende Konsultationsverfahren bezweckt den Austausch mit der Arbeitnehmerschaft und soll ihr Gelegenheit zu Vorschlägen geben, wie die Kündigungen vermieden oder deren Zahl beschränkt sowie ihre Folgen gemildert werden können.
Dem kantonalen Arbeitsamt wird die Massenentlassung in der Regel mittels Zustellung einer Kopie des Informationsschreiben an die Arbeitnehmenden angezeigt. Ebenfalls mitzuteilen sind das Ergebnis des Konsultationsverfahrens und weitere Angaben zur beabsichtigten Massenentlassung.
Werden in einem Betrieb von 250 oder mehr Arbeitnehmenden mindestens 30 Arbeitnehmende innert 30 Tagen gekündigt, besteht die Pflicht einen Sozialplan aufzustellen.
Das Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) kennt schliesslich eine eigene Meldepflicht bei Entlassungen und Betriebsschliessungen, wenn zehn oder mehr Arbeitnehmende betroffen sind.
Was geschieht bei einer Verletzung dieser Pflichten?
Die Verletzung der gesetzlichen Pflichten kann zur Missbräuchlichkeit der Kündigung führen, was vom Richter mit einer Entschädigung von bis zu zwei Monatslöhnen sanktioniert wird.
Bei einer unterlassenen Anzeige an das kantonale Arbeitsamt beginnt sodann die Kündigungsfristen nicht zu laufen, mit der Konsequenz, dass das betroffene Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Für eine vorsätzliche Verletzung der im AVG enthaltenen Meldepflicht statuiert das Gesetz schliesslich eine Busse von bis zu CHF 40‘000.
Fragen?
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